Tuesday, November 17, 2009

Aufsatz 5: Warum beging Hanna Selbstmord?

Der Vorleser ist ein Buch von Bernhard Schlink, das von der Vergangenheitsbewältigung handelt. Die Handlung findet nach dem zweiten Weltkrieg statt, als die Vergangenheitsbewältigung eine grosse Thema der deutschen Gesellschaft war. Die Vergangenheitsbewältigung beschreibt die “Auseinandersetzung einer Nation mit dem problematischen Abschnitt ihrer jüngeren Geschichte, in Deutschland besonders mit dem Nationalsozialismus” (Vergangenheitsbewältigung). In Deutschland nach der zweiten Weltkrieg mussten die Deutschen mit Gefühlen von Schuld und Scham fertig werden. Zum Beispiel waren Studentenbewegnungen eine Methode, wodurch die neue Generation die Nazivergangenheit verkraften konnte.

Hanna Schmitz ist der Hauptcharakter des Buches. Der Hauptcharakter ist “nicht der Vorleser, ... wie der Titel vermuten lässt, sondern seine Zuhörerin” (Wilke). Am Anfang des Buches ist Hanna nur eine Zuhörerin. Sie ist abhängig und kann nicht richtig als eine Einzelne funktionieren. In ihrer Vergangenheit gibt es eine große Scham. Sie will ihrer Vergangenheit nicht gegenüber stehen. Deshalb versteckt sie sich hinter ihrem Analphabetismus. Nach Jahren im Gefängnis beginnt Hanna lesen und schreiben zu lernen. Sie beginnt sich mit ihrer Vergangenheit zu befassen. Nach 18 Jahren Haft wurde Hanna entlassen. Ihre Gnade gab Hanna eine Chance, weiter ihre Vergangenheit zu überwinden. Die Gelegenheit war aber zu viel. Hanna konnte sich nicht ein Leben ausserhalb des Gefängnisses vorstellen. Am Tag ihrer Entlassung brachte sie sich um.

Als Hanna im Prozess ist, ist sie zu stolz, ihren Analphabetismus zu zulassen. Sie gibt zu, dass sie einen Brief schrieb, obgleich sie nicht lesen und schreiben kann. Weil “sie sich schämte, nicht lesen und schreiben zu können” (Schlink 127), geht sie lebenslänglich ins Gefängnis. Obgleich sie die Opfer nicht selbst ermordet hatte, fühlt sie sich dennoch verantwortlich. Sie hätte etwas machen können, aber sie war nur Mitläufer. Sie fühlt Kollektivschuld. Obgleich sie nicht direkt verantwortlich war, fühlte sie, wie viele Deutsche, “ein kollektives Bewusstsein der Scham und Mitverantwortung” (Quellentext). Weil Hanna nicht mit diesen Gefühlen fertig werden wollte, versteckte sie sich ins Gefängnis. Am Tag des Urteils zieht Hanna ein Uniform wie eine SS-Frau an, weil sie vor ihre Vergangenheit nicht weglaufen kann. Ihr Schatten folgt ihr überall, wohin sie geht. “Ein hochmütiger, verletzter, verlorener und unendlich müder Blick” (Schlink 157) wirft Hanna über das Gericht. Sie ist hochmütig, weil sie ängstlich ist. Sie will von ihrer Vergangenheit wegfliehen, aber sie kann nicht. Deshalb versucht sie sich im Gefängnis zu verstecken.

Michael fängt an, wieder für Hanna vorzulesen. Nach vier Jahren von Kassetten aufnehmen und verschicken bekommt er einen Zettel. Während sie im Gefängnis war, beginnt Hanna, lesen und schreiben zu lernen. Ihre Bestrebungen repräsentieren eine “Hoffnung auf einen überwindenden Neubeginn” (Wilke). Sie versucht ihre Vergangenheit zu überwinden. “Indem Hanna den Mut gehabt hatte, lesen und schreiben zu lernen, hatte sie den Schritt aus der Unmündigkeit zur Mündigkeit getan, einen aufklärerischen Schritt” (Schlink 178). Als sie Analphabetin war, war sie wie ein Kind. Wenn sie lesen und schreiben lernt, wird sie eine Erwachsene. Als Michael Hannas Zimmer im Gefängnis besucht, erfindet er, dass Hanna über die Konzentrationslager und die Opfer der Holocaust las. Hanna versucht, eine Vergangenheitsbewältigung zu schaffen. Weil sie nicht von ihrer Vergangenheit wegfliehen kann, muss sie sich darin eintauchen. Sie liest über den Holocaust, damit sie ihn verstehen kann.

Am Tag Hannas Freiheit begeht sie Selbstmord. Anscheinend kommt der Tod aus dem Nichts. Man soll zufrieden mit der Freiheit sein. Hanna war allerdings nicht zufrieden. Nie mehr hatte sie Angst vor der Bloßstellung, aber sie konnte sich ein Leben ausserhalb des Gefängnisses nicht vorstellen. Sie brachte sich um, weil sie nicht in der Welt leben wollte. Sie kannte niemand und hatte nichts. Sie wollte den Opfern des Holocausts helfen. Alles, was sie machen konnte, war nach ihrem Tod. Sie hinterließ Geld, das sie nicht brauchen würde, um den Opfern zu helfen. Michael gibt das Geld der “Jewish League Against Illiteracy” (Schlink 206-7). Damit hilft Hanna endlich Analphabeten und den Opfern des Holocausts. Sie hat endlich im freiwilligen Tod ihre Vergangenheit überwunden.

Bibliografie

Bernhard Schlink. Der Vorleser. Zürich: Diogenes, 1995. Print.

“Quellentext zum Thema Schuld.” Ed. Corinne Sham and Stella Feldmann. Bernhard Schlink: der Vorleser, Brockhaus Enzyklopädie. Band 19 Mannheim 1992. Web. 29. Oktober 2009.


“Vergangenheitsbewältigung.” Duden: Das große Wörterbuch der deutschen Sprache. 2nd Ed. 1995. Print.

Wilke, Dietrich V. “Rezension des Romans ‘Der Vorleser’ von Bernhard Schlink, Zürich 1995, Diogenes 207 S.” t-online.de, 4. September 2003. Web. 29. Oktober 2009.